Es ist noch gar nicht so lange her, da ging alles seinen “gewohnten Gang” – täglich um sieben ging es für viele Menschen ins Büro. Sie stiegen ins Auto, in den Bus oder aufs Fahrrad. Im Schnitt sind sie etwa eine halbe Stunde für einen Fahrtweg unterwegs. Kaum ist man angekommen wird das Kollegium begrüßt und ran geht’s an die Arbeit. Zur Mittagszeit wird sich oft mit den Kolleg*innen zum Essen in die Kantine verabredet und am Nachmittag geht es nochmal ins Meeting. Dieser Alltag hat sich nun innerhalb weniger Tage verändert.
Als aus einem “Das funktioniert nicht.” ein “Das müssen wir jetzt mal versuchen.” wurde
Die Corona Pandemie hat vieles auf den Kopf gestellt. Von heute auf morgen wurden viele Arbeitnehmende dazu aufgefordert ihren Arbeitsplatz nach Hause zu verlagern. Das sogenannte “Homeoffice”. Von zu Hause aus arbeiten. Ein rechtlicher Anspruch darauf gab es bislang nicht. Bedingungen rund ums Homeoffice mussten oft monate- bis jahrelang zwischen Betriebsräten und Arbeitgebenden ausgehandelt – was muss der Arbeitgeber zur Verfügung stellen? Wer darf ins Homeoffice? Dabei wurde Homeoffice in der Vergangenheit meist von Führungskräften aus Verwaltung oder Marketing und Vertrieb genutzt, seltener von Arbeitnehmenden. Dabei klammert Homeoffice auch Branchen aus – für Arbeitende in der Produktion oder in der Pflege ist dies kaum eine Option.
Kaffeetrinken über Skype vs. “Um halb eins in der Kantine” – Zusammen sind wir weniger alleine
Eine große Sorge von Befragten zum Thema Homeoffice ist, dass der Kontakt zu den Kolleg*innen leide. Das gemeinsame Kaffeetrinken fällt weg und wird ersetzt durch Videokonferenzen im Team oder perE-Mail. Die Arbeitspsychologin Petra Schmid empfiehlt eine gemeinsame Kaffeepause über Videokonferenz. Dabei könne man die Gelegenheit zum Plaudern nutzen.
“20:08 Uhr: Können Sie mir bitte nochmal die Tabelle zukommen lassen?” – Abschalten
Ein Vorteil, den Betriebe im Homeoffice sehen, ist, dass sie diese besser erreichen können.
Hier nochmal eine Mail schicken und dort nochmal eine Anmerkung schreiben. Im Homeoffice fällt es vielen schwerer, die Arbeit nach Feierabend beiseite zu schieben. Dabei raten Expert*innen im Homeoffice zum Aufbau und Erhalt von Strukturen. Um acht Uhr Arbeitsbeginn, um halb zwölf die Mittagspause, ab 14 Uhr die Videokonferenz, danach noch einen Kaffee bis dann um 17 Uhr Feierabend ist. Dann sollten auch die Arbeitsmaterialien, wie Laptop und Unterlagen vom Tisch verschwinden. Eine räumliche Trennung ist dabei natürlich vorteilhafter, im Sinne eines eigenen Büros daheim, als der Esszimmertisch oder das Bett. Andernfalls lassen sich die Unterlagen sicherlich prima in einer Schublade verstauen. Andernfalls könnte Stress gesteigert und viele Probleme wie Schlafstörungen begünstigt werden. Eine Maßnahme wären entsprechende Apps, die verhindern, dass nach der täglichen Arbeitszeit E-Mails, Anrufe o.ä. empfangen werden können.
“Mama macht nochmal die Präsentation fertig und dann kümmert sie sich um euer Abendessen und den Haushalt!” – Vereinbarkeit Familie und Beruf
Nun, wo so sich so viele im Homeoffice befinden, sollte die Care-Arbeit (Tätigkeit des Pflegens oder Sich-Kümmerns v.a. bei Kindern, Angehörigen) doch bei Frauen auch weniger werden, oder? Denn Frauen erbringen bislang immer noch mehr Zeit auf, sich um Kinder und Angehörige zu kümmer oder zu pflegen, als Männer. Doch Mütter, die im Homeoffice arbeiten, kümmern sich, nach Studien des WSI, eineinhalb bis drei Stunden länger um Kinder, als solche mit “starren” Arbeitszeiten. Dahingegen ist es bei vielen Männern anderherum: arbeiten sie im Homeoffice, kümmern sie sich weniger um die Kinder, als hätten sie ihre festen Zeiten im Büro. Dabei macht das WSI im Kern eine Ursachen aus. Die veralteten Rollenbilder der fürsorglichen Mutter und des Familienernährers tauchen wieder auf. Väter nutzen das Homeoffice oft, um durch Überstunden der Karriere zu verhelfen und Mütter wollen nicht als vermeintliche “Rabenmütter” gelten. Als Gegenmittel könnte dazu u.a. das Auflösen des Ehegattensplittings helfen, da es für Frauen den Fehlanreiz, insbesondere in der Familienphase beruflich zurückzutreten, bieten kann. Somit kann eine individuelle Besteuerung eine Vollzeitarbeit auch nach einer Familiengründung einen aussichtsreichen finanziellen Antrieb bieten. Auch ein Umdenken, hinsichtlich der gearbeiteten Stunden wäre ein Mittel, das Problem zu lösen. Oft wird bei Bewertungen der Arbeitsleistung darauf geachtet, wie viele Stunden die Arbeitnehmende Person investiert hat. Arbeitet eine Person viel, wird dies oft als ein hohes Arbeitsengagement gewertet und gesellschaftlich hoch angesehen.
Das Ende vom Lied
Homeoffice ist vermutlich ein Thema, dass uns in nächster Zeit weiterhin beschäftigen wird. Die Möglichkeit von heute auf morgen von zu Hause aus zu arbeiten birgt Risiken aber auch Chancen für viele von uns und wird sicherlich auch noch unsere politische Arbeit als Jugendverband prägen.