Frauenbewegung und Feminismus setzen sich für ein gemeinsames Ziel ein: Es geht darum, Frauen die gleichen Rechte und Freiheiten zu geben wie Männern – in allen Lebensbereichen. Ihnen sollen nicht nur die gleichen Ressourcen gegeben werden, sondern auch die gleiche Teilhabe an politischer Macht. Feminismus ist damit auch mit den demokratischen Prinzipien verknüpft, in denen die Freiheit und Gleichheit von allen Menschen und die Anerkennung der Menschenwürde verankert ist. Gleichberechtigung soll nicht nur im Grundgesetz zu finden sein, sondern eben auch in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die Frauenbewegung fordert in diesen Bereichen einen sozialen Wandel und die Beseitigung von Lohnungleichheiten und Bevormundung durch ein anderes Geschlecht.
Die Frauen von heute haben bestimmt viel zu feiern, denn vor über 100 Jahren sah die Rolle der Frau noch ganz anders aus. In der bürgerlichen Familie bestand ihr Leben beispielsweise fast ausschließlich aus der Erziehung der Kinder und der Führung des Haushalts. Bildung war damals nur da, um dem Mann eine Frau zu geben, die keine geistige Kurzsichtigkeit besitzt, um ihn nicht zu langweilen. Die Frauenbewegung nahm ihren Anfang Mitte des 19. Jahrhunderts, obgleich die Idee des Feminismus bereits viel älter ist. Denn bereits in der Französischen Revolution kam es zu Forderungen nach Gleichheit und Freiheit. Während die offizielle Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte entstand, welche nur für Männer geschrieben wurde, schrieb die Frauenrechtlerin Marie Gouze im Jahre 1791 die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin. Sie fordert die volle rechtliche, politische und soziale Gleichstellung von Mann und Frau. Somit erhob sie erstmals Anspruch auf allgemeingültige und geschlechtsunabhängige Gleichbehandlung.
„Du kannst Frauen nicht einfach an eine männlich Struktur anpassen, du musst die Struktur für Frauen ändern” – Mary Beard
Blicken wir nun in unsere Gegenwart. Die Welt steht seit einem Jahr durch die Corona-Pandemie still. Sie führte zu einer unerwarteten Ausnahmesituation, die sich auf Familien, auf die Gesellschaft und auf die ganze Welt in vielen Bereichen ausgewirkt hat. Am 27. Januar 2020 wurde der erste Fall einer Infektion mit dem Virus Covid-19 festgehalten. Das alltägliche Leben veränderte sich in wenigen Wochen und ist nur noch eingeschränkt möglich. Besonders große Folgen hat die Pandemie auf das Leben von Frauen. Laut verschiedener Studien, etwa von der Bertelsmann Stiftung, scheinen Frauen, nach eigenen Angaben, mehr Arbeit im Haushalt zu machen als Männer. Die Verteilung der Arbeit geht, den Studien zufolge, weiterhin nach den traditionellen Rollenbildern. Es geht um Homeschooling, putzen, betreuen und kochen und noch vieles mehr. Die Probleme waren bereits da und werden durch die Pandemie sichtbar. Ein vollständiges Aufbrechen der Rollenverteilung hat also bereits vor der Corona-Pandemie nicht stattgefunden und das muss sich endlich ändern. Denn jede zweite Frau ist am Limit ihrer Belastbarkeit. Viele Männer seien jedoch der Ansicht, dass die Rollenverteilung sei gerecht gelöst worden. Dies zeigt uns, dass noch viel Handlungsbedarf besteht. So sollte das Privat- und Berufsleben zukünftig stärker beachtet und diskutiert werden. Es ist nötig, eine geeignete Balance für alle Geschlechter, insbesondere für die Frauen zu finden. Damit könnten Frauen eine größere Möglichkeit bekommen, Führungspositionen einzunehmen. Denn noch immer ist der Anteil an Frauen in Vorständen der Top-22-Unternehmen bei 11,5% und Anteil an Frauen in Führungspositionen bei 29,5%. Die Corona-Pandemie hat die Probleme nicht erst verursacht, sondern sichtbar gemacht und verschlimmert. Diese Geschlechterungerechtigkeiten auf dem Arbeitsmarkt führen dazu, dass Frauen weniger Aufstiegschancen haben, über weniger wirtschaftliche Ressourcen verfügen und sie ein höheres Armutsrisiko haben als Männer. Durch eine intersektionale Diskriminierung leiden Frauen doppelt unter diesen Ungerechtigkeiten.
Nicht nur am 08. März sollten wir uns mit den Geschlechterungerechtigkeiten auseinandersetzen, sondern an jedem Tag. Dieser Tag erinnert uns daran, dass bereits viele wichtige und bemerkenswerte Frauen vor uns sich für die Gleichberechtigung eingesetzt haben und dass sie bereits vieles erreicht haben: Vor 120 Jahren, wäre keiner Frau möglich gewesen ein Studium zu beginnen, geschweige sich einem Verein anzuschließen und sich politisch zu engagieren. Vor etwa 102 Jahren wäre es nicht möglich gewesen wählen zu gehen und vor etwa 70 Jahren wurden Männer und Frauen im Artikel 3 des Grundgesetztes formal gleichgestellt. Vor 43 Jahren durfte eine Frau ohne Einwilligung eines Mannes nicht arbeiten gehen und erst vor etwa 20 Jahren wurde die Vergewaltigung in der Ehe strafbar.
Vergessen wir nicht, dass noch vieles geändert werden muss, damit wir in allen Bereichen von einer Gleichberechtigung für alle Menschen sprechen können. Lasst uns nicht noch weitere 100 Jahre warten. Was wir brauchen ist eine Veränderung – jetzt!
„Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Mann gleich in allen Rechten“– Olympe de Gouges