Zwischen Schein und Sein – Die neue ökologischere Wirklichkeit

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An diesem Freitag ist wieder Streiktag von Fridays for Future. Mit vielen kreativen Ideen vom Bannerdrop bis hin zu Demo-Livestreams wird es überall Aktionen geben. Diesmal unter dem Motto “#allesfür1,5”. Schon über ein Jahr gibt es diese Proteste und es wirkt manchmal, als hätte sich schon ordentlich was geändert, oder ist das nur Schein? Wie spielen Unternehmen und Politik mit unseren Wahrnehmungen und inwiefern spielt Greenwashing eine zunehmende Rolle in unseren Alltag?

Was ist Greenwashing?

Greenwashing beschreibt eine Strategie, bei der z. B Unternehmen versuchen, sich mit gezielt gestreuten Desinformationen ein ökologisches und nachhaltiges Image aufzubauen.

Dabei sind Desinformationen nicht immer Unwahrheiten. Oft sind die Aussagen über Nachhaltigkeit wahr, doch betreffen sie häufig nur wenige Produkte oder übertünchen ein umweltschädliches Kerngeschäft von Unternehmen. Sie erzeugen aber bei Verbraucher*Innen das Gefühl, dass ihr Handeln und Konsum nachhaltig wäre.

Nicht nur Unternehmen sind wahre Meister im Greenwashing, auch in der Politik wird mehr Greenwashing betrieben, als uns lieb sein sollte.Da bei vielen das Umweltbewusstsein in den letzten Jahren, unter anderem aufgrund von Fridays for Future gestiegen ist, nimmt die Rolle von Greenwashing zu.

Wie spielen Unternehmen mit uns?

McDonalds wirbt mit weniger Verpackungsmüll und nachhaltigen Filialen, VW hatte einige Zeit ein Bild von Greta Thunberg auf seiner Website und ein Werbespot von Ikea stellt die Nachhaltigkeit von ihren Produkten in den Fokus.

Ebenso Verkauft H&M Shirts mit Bio-Baumwolle, 2016 machte Lidl mit nachhaltig wirkendem Design Werbung für das Recycling von Lidl Einwegplastikflaschen, oder RWE macht Werbung mit einem Video, in dem ein Energieriese Windmühlen pflanzt.

Der wahre Meister im Greenwashing ist aber (wie kann es auch anders sein) Nestle, das sogar Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner dazu überzeugte, das Unternehmen in einem Video zum Himmel zu loben.

All diese Unternehmen betreiben auf ihre Art Greenwashing. Dadurch, dass umweltfreundliche Produkte hervorgehoben werden, sodass das gesamte Sortiment verharmlost wird, oder dass durch ein nachhaltig wirkendes Design der Eindruck vermittelt wird, das Produkt sei nachhaltig. Auch selbsterfundene Siegel und die Bewerbung von nachhaltigen Sachen, die bereits gesetzlich festgelegt sind (etwa die Bewerbung von FCKW freien Spraydosen, die bereits 1991 verboten wurden), sind probate Mittel für Greenwashing. Gerne jonglieren Unternehmen auch mit unklaren Fachbegriffen, Werben mit ihrem Einsatz für nachhaltige Projekte oder werben mit eigenen nachhaltigen Blogartikel für sich.

Doch was ist denn an Greenwashing so schlimm?

Man könnte denken, Greenwashing ist nicht so schlimm. Lass Amazon doch mit Nachhaltigkeit in ihrem Versandsystem werben, das stimmt ja alles und ist was Gutes für die Umwelt und das Klima.

Doch genau da liegt das Problem. Durch Greenwashing wird uns vorgespielt, dass unser Konsum dieser Produkte nachhaltig sei. So reichen Amazons Ankündigen, klimafreundlicher zu werden, aus, damit wir Versandunternehmen weniger hinterfragen. Oder einzelne nachhaltige Produkte führen bereits dazu, dass wir beim ganzen Unternehmen, oder der ganzen Marke uns nicht mehr drüber Gedanken machen, ob das wirklich nachhaltig ist. Vor allem nachhaltig wirkende Designs für nicht nachhaltige Produkte führen uns in die Irre und beruhigen dabei unser Gewissen. Greenwashing ist Werbung, die uns meist zum Kauf von Produkten anregt und uns vorgaukelt, dass wir uns dabei keine Gedanken darüber machen müssen, was wir gerade konsumieren, und ob es nachhaltigere Alternativen gibt. Insbesondere von Faktoren, wie den Arbeitsbedingungen von Näher*innen in der Textilbranche wird durch Greenwashing abgelenkt. Insbesondere wenn Greenwashing mit Lobbyismus verbunden wird, wird ein verzerrtes Bild gezeigt.

Aber das Ganze hat doch auch Vorteile oder?

Greenwashing generell zu verteufeln wäre für viele aber auch nicht die richtige Umgangsform. Unternehmen, die ihre Fortschritte aufzeigen, aber dennoch angeben, dass noch viel für eine nachhaltige Lieferkette nötig sei, zeigen uns, dass Greenwashing auch eine Perspektive bieten kann. Ebenso zeigen uns Ankündigen von Unternehmen, in Zukunft nachhaltiger zu werden, dass Schritte in die richtige Richtung für eine nachhaltige Zukunft getan werden. Und die Produkte einer Marke, eines Unternehmens, die meist im Greenwashingprozess beworben werden, sind auch meistens verhältnismäßig nachhaltig.

Greenwashing in der Politik

Nicht nur viele Produkte sind nachhaltiger geworden, oder wirken so. Auch bei vielen Parteien gab es Beschlüsse, die den Weg in eine klimafreundlichere Zukunft malen. Doch Greenwashing findet auch dort nicht nur dadurch statt, dass Unternehmen durch Greenwashing zeigen, dass sie auch ohne politische Maßnahmen den Schritt in Richtung nachhaltige Zukunft gehen, wodurch Regierung und Parteien ihre Verantwortung vergessen. Skandale wie das längst in Vergessenheit geratene Video aus dem Jahr 2019 von Julia Klöckner (CDU) und Nestle Manager Marc Aurel Boersch zeigen, dass Greenwashing auch von Regierungsmitgliedern betrieben wird. NRW Ministerpräsident und CDU-Vorsitzender Armin Laschet sprach über eine Baum-Prämie, während im selben Bundesland die Abholzung des Hambacher Forstes oder der Start des Betriebes von Datteln 4 (Steinkohlekraftwerk) von Aktivist*Innen bemängelt wurden. So wird von Politiker*Innen nur eine Seite beleuchtet und klimaschädliche Maßnahmen werden in den Hintergrund gedrängt. Ebenso sind zu lasche Obergrenzen und Maßnahmen, welche zu spät umgesetzt werden sollen Formen von Greenwashing

Was nun? 

Aufpassen, dass wir nicht in die Greenwashing Falle tappen, scheint zunächst die beste Lösung zu sein. Gerade bei nachhaltig aussehenden Designs sollten wir aufpassen und uns überlegen, was wir kaufen. Nicht jede nachhaltige Werbung hält, was sie verspricht und der Weg zur Netto-Null ist noch weit, auch wenn die Zeit, die uns noch bleibt, kurz ist. Aber wie man an den Fortschritten, die gerade seit dem Aufkommen von Fridays for Future bemerkbar sind, sehen kann: Kämpfen lohnt sich.

Philippa Petersen